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Präsenz

Seerose
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Die Präsenz besteht noch aus einer Erweiterung der Achtsamkeit. Sie ist hochdynamisch und flexibel. In verschiedenen psychotherapeutischen Behandlungen wird die achtsame Präsenz gelehrt und praktiziert.

Hierfür wird die Achtsamkeit ausgeweitet und bewusst die Umgebung, Menschen, Geräusche und so weiter impliziert. Denn nur wenn der Behandler vollkommen im hier und jetzt ist – mit Körper, Geist und Seele präsent ist – hat es einen therapeutischen Nutzen für den Klienten. Präsenz bedeutet für mich „absolut da sein“. Wirklich da sein, mit einer empathischen Haltung meinen Mitmenschen gegenüber.

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Präsenz bei der Craniobehandlung

Wie wichtig die Art und Weise der Präsenz ist lässt sich bei jedem Gespräch und dadurch ebenso bei körpertherapeutischen Therapien wahrnehmen. Hat man bei einer Unterhaltung das Gefühl, dass der Gesprächspartner zu nahe kommt, so ist das ein Zeichen einer Überschreitung der Grenze. Ebenso passiert es, dass das Gefühl aufkommt, der Gegenüber ist ganz weit weg und nicht richtig aufmerksam bei dem was gesprochen wird. Beides hat oftmals nichts mit physischer Nähe zu tun. Stattdessen ist es entscheidend mit wieviel Aufmerksamkeit derjenige an der Unterhaltung teilnimmt.

Um eine Instabilität in der Aufmerksamkeit zu vermeiden etablieren wir bei der biodynamischen Art der Craniosacralen Behandlung sogenannte „Behandlerfulkren“. Das sind stille, stabile Orte in uns, von denen aus wir das Leben beobachten können. Ich zum Beispiel verwurzle meine Füße in der Erde und lasse mein Becken tief in den Sessel sinken. Auch stelle ich mir vor, dass ich an einen Baum angelehnt bin der mir Kraft gibt und mich hält, so, dass ich eben nicht selbst halten muss, sondern auch ich während der Behandlung getragen werde.

Tolle Übungsbehandlungen konnte ich auch schon zu dritt erleben. Das heißt, es gibt neben dem Klienten und dem Behandler noch einen sogenannten „Raumhalter“. Dieser kann den Klienten berühren – muss er aber nicht. Oft reicht es, wenn er da ist, präsent ist und ohne zu werten, den Raum weit werden lässt. Das Behandlerfeld kann dadurch weiter werden, Klient und Behandler werden durch den nochmals stabileren Raum von möglichen Störfaktoren wie Geräuschen besser abgeschirmt.

 

Präsenz privat und auf der Intensivstation

Dieses „Präsent sein“ ist ebenso wie die Achtsamkeit ein tolles Werkzeug, das sich für mich überall einbauen lässt. Bei pflegerischen Tätigkeiten auf der Intensivstation ähnlich wie in einem schwierigen Gespräch im privaten Alltag.

Wenn ich bewusst achtsam und präsent bin, so nehme ich die Sorgen meiner Patienten ganz anders wahr. Ich kann die Probleme der Patienten wahrnehmen, ohne dass ich emotional von deren Leid komplett eingenommen werde und ohne eine Mauer der Abschottung aufbauen zu müssen. Natürlich kann ich auch ohne bewusste Präsenz merken, dass jemand Schmerzen hat. Aber das kann dann auf mich wieder andere Auswirkungen haben.

Bin ich nicht ruhend und stabil in mir, so spüre ich das Leiden der Patienten manchmal in mir wie einen Schmerz, den ich selbst erfahre. Ich nehme ihn also auf und trage ihn, gebe im Stoff weiter zu sein. Oder ich nehme ich nicht auf sondern habe eine dicke Mauer an der er abprallt. Dann fühle ich mich mit der Zeit gefühllos und unantastbar und dem Patienten kann auffallen, dass es mir an Empathie fehlt. Das ist es auch nicht, was ich möchte.

Durch Arbeiten in Präsenz nehme ich wahr, nehme ich an und verurteile nicht. Ich gebe Raum, damit das Gesunde sich zeigen kann.

Ebenso kann eine präsente Haltung in Gesprächssituationen wertvoll sein und eine Unterhaltung zu mehr Ruhe führen. Mehrmals konnte ich bereits feststellen, dass hitzigen Diskussionen etwas Feuer genommen werden kann, indem einfach einer „den Raum hält“. Das hat den ähnlichen Effekt wie ich bereits unter „Präsenz in der Craniobehandlung“ mit dem zweiten Behandler beschrieben habe.

Diese quasi unbeteiligte Person mit der präsenten Haltung muss dabei gar nicht am Gespräch beteiligt sein. Die Aufgabe besteht darin durch die achtsame, geerdete Haltung im Raum eine ruhigere und stabilere Atmosphäre zu schaffen. Dies wirkt sich positiv auf den Dialog aus. Denn die jeweiligen Gesprächspartner fühlen sich dadurch oftmals besser geachtet, beachtet und haben das Gefühl, dass ihnen intensiver zugehört wird.

 

(Ein Auszug aus meiner Abschlussarbeit in Craniosacraler Biodynamik, 2015)

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